Die Perversion der "leichten" Medienbeeinflussung

Medizin-PR ist wie jede andere Pressearbeit? Ich bin anderer Meinung. 

Pressearbeit, Marken, Medizin-PR, Medizinbranche, Journalismus

Zu Beginn meiner Tätigkeit als Beraterin konnte ich keinen Unterschied zwischen der PR für Duschgel und der für Medizinprodukte erkennen. Jegliche Beeinflussung der Medien durch die Industrie wirkt auf den Laien negativ und auf die, die es tun, vollkommen normal. Ich habe diese Arbeit nie als moralisch verwerflich angesehen. Eher habe ich es als eine Art stille Umverteilung von Zuständigkeiten zwischen Medien und Agentur empfunden. Die Medien haben immer weniger Geld für Personal und somit auch für Recherche. Dadurch wird es einfacher Pressetexte von Unternehmen zu platzieren. Das Wort "platzieren" übrigens niemals verwenden, wenn ihr mit einem Redakteur sprecht. ;)

Diese Zusammenhänge schienen mir nur als Reaktion auf eine Arbeitssituation zu existieren. Bis mir klar wurde, dass PR-Agenturen, bis auf wenige Ausnahmen, hauptsächlich in "leichten" Medien veröffentlichen. Damit meine ich Formate, wo es einfach ist, Pressemeldungen unterzubringen. Die jeweiligen Redaktion ist darauf angewiesen PR-Texte zu erhalten und einzusetzen. Solche Medien sind z. B. einige Frauenzeitschriften (wie Freizeit ... es gibt, glaube ich, alleine 30 Zeitschriften mit dem Wort Freizeit im Titel) Apotheken und TV-Magazine u.s.w., dann verschiedene Wochenzeitungen und einige TV-Sendeformate.

 

Das es grundsätzlich Medien gibt die entweder einen hohen oder einen niedrigen Anspruch an die Informationsqualität ihrer Inhalte haben, ist, denke ich, noch Jedem bekannt. Aber im Zusammenhang mit Medizinprodukten bekommt das ganze schon einen etwas perversen Touch. Denn überlegt man sich mal, welche Leser genau diese Medien haben, und in welchem Medien- und häufig auch Kulturumfeld diese Menschen aufgewachsen sind, ergibt sich ein schlimmes Bild. Denn gleichzeitig hat das was in Medien steht, für diese Zielgruppe auch einen anderen Stellenwert. Diese Gruppe ist Meldungen gegenüber eher unkritischer. 

Bei einem Bericht über die neueste Waschlotion ist eine erwirkte Veröffentlichung in diesen "leichten" Medien noch recht harmlos...doch welche Zielgruppe ist denn beispielsweise für die Pharmaindustrie besonders interessant? Für welche Menschengruppe werden denn  Medikamente überwiegend hergestellt? Da mag der ein oder andere Marketing Manager nun denken, ach wunderbar, da nutzt PR ja dann mal richtig was. Denn hier kann noch mit relativ kleinem Budget die richtige Zielgruppe erreicht werden.

Ja, das mag in dem Fall einer Aufklärungskampagne noch okay sein. Aber ist es moralisch noch vertretbar, wenn über Medikamente positiv und ständig berichtet wird, die eigentlich eine vergleichbar schlechte Wirkungen besitzen? Da trifft man genau das Publikum, welches am anfälligsten für diese Art von Beeinflussung ist ... und das Ganze wird auch nicht dadurch richtiger, dass man immer wieder sagt; na ja, die Menschen könnten sich ja auch woanders informieren. Ja das könnten Sie, und natürlich heißt PR nicht, dass grundsätzlich Lügen veröffentlicht werden. PR-Texte sind häufig sehr gut recherchiert und überprüft. Fakt ist aber trotzdem, dass die Meldungen von Unternehmen mit höherem Budget, eher veröffentlicht werden und das diese Inhalte genau die gutgläubige ältere Generation treffen.

Gerade bei einem rückgängigen Printmarkt, sollten wir daher extrem kritisch sein - auch mit uns selber.